Partnerschule

Der ruandischen Kultur auf der Spur

Die Gustav-Heinemann-Realschule plus und FOS in Alzey besuchte nach 20-jähriger Partnerschaft vom 02.03- 13.03.20 erstmalig ihre Partnerschule in Ruanda/Ruhunga.

„Frau Rogles, was müssen wir denn alles einpacken? Was ist, wenn es kein W-LAN in Ruanda gibt?“, „Was ist, wenn ich meinen Teller nicht aufesse und mir das Essen nicht schmeckt?“, „Was ist, wenn wir die Menschen vor Ort nicht verstehen?“, „Was ist, wenn uns die Ruander wegen der Kolonialgeschichte nicht mögen?“ …. Fragen über Fragen, die den Lehrern, Frau Stefanie Rogles und Herrn Benjamin Vanpaemel vor der ersten Ruanda Reise gestellt wurden.

Alle vier Schülerinnen (Nurcan Akkurt, Ashley Görmiller, Sophie Schappert, Alma Popaj) waren Teil der Ruanda AG und sehr aufgeregt, was sie wohl in Ruanda erwarten wird. Jedoch war das ganze Team voller Vorfreude auf den 10-tägigen Besuch in Ruanda und insbesondere auf das Kennenlernen der Partnerschule der Ruhunga Protestant Primary School. Vom ersten Tag an wurden wir sehr herzlich Willkommen geheißen und fühlten uns direkt sehr wohl und angekommen. Wir hatten das perfekte Programm, um Land, Kultur, Menschen und natürlich unsere Partnerschule in der Kürze kennen und lieben zu lernen.

Bereits in der Ruanda AG und Vorbereitungszeit haben wir uns intensiv mit der ruandischen Kultur und der Geschichte Ruandas beschäftigt. In diesem Zusammenhang kam die Frage auf, was eigentlich die Kultur und vor allem die kulturelle Identität eines Landes ausmacht. Wir kamen zu dem Entschluss, dass Kultur im weitesten Sinne alles beinhaltet, was der Mensch selbstgestaltend hervorbringt. Im Unterschied zu der von ihm nicht geschaffenen und nicht veränderten Natur. Natürlich spielen auch Faktoren wie Sprache, Religion, Wertevorstellung, Sitten und Gebräuche eine Rolle in der kulturellen Identität.

Zu Beginn sind uns natürlich die Unterschiede in der Zubereitung von Essen, farbenfroher Kleidung, der Infrastruktur und auch der spärlichen Ausstattung unserer Partnerschule aufgefallen. Je länger wir jedoch das Land bereisten, wurde uns bewusst, wie unterschiedlich die Willkommenskultur ist. Wir wurden an unserer Partnerschule von einem Komitee empfangen, was uns wirklich die Sprache verschlagen hat. Alle Schüler und Lehrer sowie Menschen von den umliegenden Dörfern kamen, um uns zu begrüßen. Es wurde getanzt, gesungen und beschenkt. Auch als wir mit dem Bus auf dem Weg zu unserer Schule im Schlamm stecken blieben, kamen binnen kürzester Zeit Menschen von Feldern und umliegenden Häusern, um uns zu helfen. In diesem Moment ist uns klar geworden, dass diese Freundlichkeit, Kreativität und Hilfsbereitschaft wohl der größte Unterschied zu unserer Kultur in Europa ist.

Auch die Schülerinnen waren überrascht, wie sich gerade auf dem Land gegenseitig geholfen wird und wie groß der Zusammenhalt geschrieben wird. Der Trend der „Ellenbogengesellschaft“ gerade im globalen Norden ist hier glücklicherweise noch nicht gar zu sehr zu spüren. Des Weiteren empfanden wir die Offenheit und das Interesse uns gegenüber als wirklich herzerwärmend. Natürlich sind wir alleine mit unserer Hautfarbe immer wieder aufgefallen, jedoch wurden wir gerade deshalb teilweise bevorzugt und äußerst respektvoll behandelt. Eine Schülerin konnte dies gar nicht verstehen, sie sagte: „Wie kann das eigentlich sein, dass gerade die Europäer in Ruanda oder generell auf dem afrikanischen Kontinent so herzlich begrüßt und aufgenommen werden, wenn doch die „Industrieländer“ in der Vergangenheit und Gegenwart die Menschen hier so herablassend behandelt und ausgebeutet haben?“ Eine weitere Anmerkung einer Schülerin war, dass in Deutschland beispielsweise Afrikaner oft nicht mit offenen Armen empfangen werden und die vorherrschenden oft negativ konnotierten Vorurteile immer noch greifen und vor dem eigentlichen Menschen stehen.

Aus diesem Grund hoffen wir natürlich sehr, dass gerade Projekte wie Patenschaften und Schüleraustausche dazu beitragen, unsere Gesellschaft bezüglich der Thematik Rassismus und Diskriminierung zu sensibilisieren. Denn die Gemeinsamkeiten unserer Kulturen waren doch nicht zu übersehen. Wir haben engagierte Lehrer kennen lernen dürfen, die nur mit wenig Mitteln versuchen den Schülern Wissen zu vermitteln. Wir haben gerade in der modernen Hauptstadt Kigali junge und ehrgeizige Menschen getroffen, die studieren und ihr Land weiter voran treiben möchten. Wir sahen selbstbewusste, geleichberechtigte und alleinerziehende Frauen, die tagtäglich für das Wohl der Familie sorgen. Und vieles mehr!

Wir waren uns alle einig, dass die Zeit in diesem wunderschönen Land mit den unglaublich freundlichen Menschen nicht gereicht hat, sodass wir definitiv wieder kommen werden. Wir kamen nach Ruanda, um Kultur, Landschaft, und vor allem die Menschen kennenzulernen…wir mussten jedoch nicht auf Spurensuche gehen, denn tagtäglich fanden wir uns mitten im ruandischen Leben wieder und wurden emotional immer wieder positiv mitgerissen. Sodass wir ganz sicher nicht nur der ruandischen Kultur auf der Spur waren, sondern dass Ruanda tiefe Spuren und Eindruck in unserem Herzen hinterlassen hat. „Viele Menschen hinterlassen Spuren in deinem Leben, aber wenige hinterlassen Eindruck.“ Wir möchten uns ganz herzlich bei Herrn Mele und dem Organisationsbüro in Kigali bedanken, ohne sie hätte dieser Austausch nicht stattfinden können. Des Weiteren gilt ein großer Dank an den Ruanda Förderverein in Alzey, dieser hat die Begegnungsreise finanziell unterstützt, sodass die Schülerinnen diese einmalige Erfahrung erleben durften.

 

Afrikanische Schüler sitzen auf einfachen Holzbänken in Ihrem Klassenraum